Warum Journalisten Twitter nutzen sollen – und wem sie folgen sollten
Twitter ist für mich eines der besten Tools für Journalisten – und aus meinem Alltag nicht mehr wegzudenken. Der Kurz-Nachrichtendienst ist Nachrichtenagentur, Recherche-Kanal und Dialogplattform in einem. Weil sich der Sinn und Zweck von Twitter nicht auf den ersten Blick ergibt, habe ich Kollegen – natürlich per Twitter – gefragt, warum Journalisten Twitter nutzen und wem sie folgen sollten.
Umfrage: Warum sollten Journalisten #Twitter nutzen? Wem sollten sie folgen und warum? #twitterjournalist http://t.co/xx87mCjsM2
— Journalisten-Tools (@journalist_tool) June 30, 2014
Innerhalb von Minuten wurde mein Aufruf von anderen Usern beantwortet und weiter verbreitet. So kamen binnen Stunden eine Vielzahl an Antworten zusammen, von denen ich hier aus Platzgründen nur eine Auswahl veröffentlichen kann. Die komplette Liste finden Sie hier.
Persönliche Nachrichten-Agentur
Warum sollten Journalisten Twitter benutzen? Weil sie ihre TL zu einer persönlichen Nachrichtenagentur machen können. #twitterjournalist
— Oliver Koch (@okomuenster) June 30, 2014
@journalist_tool Weil sie durch Twitter ganz nah an Ereignissen rund um die Welt sein, Trends und Themen finden können. #twitterjournalist
— Sarah Kähler (@Hubrich_S) June 30, 2014
@journalist_tool #twitterjournalist Twitter ist schnell. Oft schneller als Agenturen. Das bringt wertvolle Zeit für den Faktencheck.
— Birgit Schmeitzner (@BSchmeitzner) June 30, 2014
Alle großen Nachrichten-Portale und Redaktionen nutzen inzwischen Twitter, um ihre Nachrichten zu verbreiten. Aber auch User, die am Ort des Geschehens sind, können dank Twitter Text, Bilder und Videos verbreiten.
Wer sich für bestimmte Themen interessiert, kann mit Tools wie dem kostenfreien Tweetdeck (dem ich jüngst einen langen Beitrag gewidmet habe) bestimmte Stichwörter (in Twitter-Sprech „Hashtag“) überwachen und so schnell erfahren, wenn ein User irgendwo auf der Welt zu einem Thema eine Neuigkeit gepostet hat. Zu fast jedem großen Thema oder Ereignis gibt es inzwischen einen Hashtag, das sich durchgesetzt hat. User nutzen dieses Hashtag, um ihre Beiträge zu kennzeichnen und so die Reichweite zu erhöhen. Wer nach einem Hashtag sucht, findet alle Beiträge mit diesem Stichwort und nicht nur die der User, denen er selbst folgt.
Recherche auf Twitter
Was bringt Twitter #Journalisten?, fragt @journalist_tool. Ein Grund: die Extraportion Recherche. http://t.co/PHfLT6XmNW #twitterjournalist
— Ilse Mohr (@IlseMohr) July 1, 2014
@journalist_tool Der #twitterjournalist kann in Konflikten die Meinungen und Fakten beider Seiten scannen und sorgfältig (!) analysieren.
— Jürg Vollmer (@juergvollmer) June 30, 2014
@journalist_tool Journalisten unterstützen sich auf #Twitter gegenseitig beim Enttarnen von Fake-Content. #twitterjournalist
— Ilse Mohr (@IlseMohr) June 30, 2014
Die Twitter-Suche ist ein mächtiges Instrument, um zu aktuellen Themen schneller als bei Google Informationen zu finden und den Fortgang zu verfolgen. Dazu reicht es, ein oder mehrere Begriffe (oder noch besser Hashtags, siehe oben) einzutippen. Aber auch Recherche-Aufrufe lassen sich bei Twitter posten, um so User zum Mitmachen zu animieren.
Twitter kann aber auch helfen, Interview-Partner zu finden, wie ZDF-Redakteur Dominik Rzepka als Kommentar unter meinem Aufruf erläutert: „Weil sie auf diese Art und Weise sehr gut an Informationem kommen können. Ich erlebe es oft, dass Kollegen via Twitter Interviewpartner in London, Kairo oder Senftenberg recherchieren.“
Dialog mit Kollegen und User
@journalist_tool Dank Twitter wird das Interagieren mit dem (Twitter nutzenden) Leser einfach. In beide Richtungen.
— ulrike klode (@FrauClodette) June 30, 2014
@journalist_tool um Themen zu finden, Stimmen zu bekommen und mit anderen Journalisten in Kontakt zu kommen #twitterjournalist
— Inga Methling (@inga_methling) June 30, 2014
Anders als bei Facebook geht es bei Twitter weniger um den Kontakt mit Freunden, Ex-Mitschülern und Kollegen – sondern um Themen und den schnellen Dialog. Und dabei gibt es keine Vorzimmer, die man überwinden kann. Per Twitter kann man ganz einfach Personen direkt ansprechen und um Antwort bitten.
@sbrinkmann guter Anstoß. journalisten sollen #twittern. Was sie nicht machen sollten, sich als #linkschleuder verdingen. #twitterjournalist
— Beatrix Gutmann (@Bea_Essen) July 3, 2014
Das erlebt man leider zu oft: Journalisten, die nur ihre Beiträge auf Twitter bewerben und nicht in einen Dialog mit den Usern treten. So gewinnt man bei Twitter aber keine Freunde (bzw. Follower). Wer auf Twitter aktiv ist und seine Beiträge bewirbt, muss auch bereit sein, auf die Fragen und die Kritik der User zu antworten. Einen Vorteil gegenüber Leserbriefen: „In 140 Zeichen kann man nicht um den heißen Brei herumreden, da wird gesagt, was Sache ist – ob gut oder schlecht. Ich denke, jede Anregung von außen sollte man als Journalist dankbar annehmen und sich zunutze machen.“ (aus: „Wozu nutzt ein junger Journalist die Social Media?„, Interview mit dem Journalisten Tim Röhn).
Wem sollte man folgen
@journalist_tool je nach Themenschwerpunkt sollten sie Experten aus ihrem Bereich folgen zB Bloggern, Politikern, Unternehmenssprechern
— Inga Methling (@inga_methling) June 30, 2014
@buelend @journalist_tool Folgen, mit denen man kommuniziert. Übrige Kollegen in Twitterlisten beobachten. #Effektiv
— Kai Rüsberg (@Ruhrnalist) June 30, 2014
Wer sich bei Twitter anmeldet, muss sich Personen oder Firmen aussuchen, denen er folgt. Deren Beiträge erscheinen dann alle (nicht wie bei Facebook nur ausgewählte) in der eigenen Timeline. Doch aller Anfang ist schwer. Zum Start macht es Sinn, einigen Nachrichtenportalen wie Spiegel-online, Die Welt oder auch ZDF heute zu folgen. Viele Chefredakteure sind inzwischen ebenfalls auf Twitter aktiv, wie Wolfgang Büchner (Spiegel), Sven Gösmann (dpa) und Jan-Eric Peters (Die Welt). Weitere Chefredakteure und Mitglieder von Chefredaktionen finden Sie auf einer Twitter-Liste, die die dpa laufend aktualisiert. Die dpa pflegt auf Twitter übrigens zahlreiche Listen mit interessanten Twitter-Accounts zu bestimmten Themen. Eine Übersicht finden Sie hier.
Noch spannender als die großen Köpfe sind nach meiner Erfahrung aber die freien Journalisten, die Twitter nutzen, um Leser und potentielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Lesenswert sind aus meiner Sicht:
- Nico Luma (Online-Experte und Berater)
- Miriam Hollstein (Politikjournalistin und Tatort-Kritikerin)
- Frank Feil (Journalist, Blogger, Volontär bei der Stuttgarter Zeitung)
- Richard Gutjahr (Journalist und Blogger, einer der aktivsten Journalisten auf Twitter)
- Claus Kleber (Moderator des @heutejournal – erst seit wenigen Wochen bei Twitter dabei)
- Ulrike Langer (deutsche Journalisten, die inzwischen in Seattle lebt und arbeitet, schreibt unter anderem für das @mediummagazin)
Nach und nach findet man immer mehr User, deren Beiträge einen interessieren – und User, denen man künftig nicht mehr folgen möchte, weil deren Beiträge nicht mehr interessant sind.
@journalist_tool Wem folgen: Hängt vom Themenbereich und persönlichen Interessen ab. Timeline-Pflege und Vernetzung ein ständiger Prozess.
— Sebastian Horn (@herrhorn) June 30, 2014
Twitter selbst hat das Problem erkannt und empfiehlt daher eingelochten Usern in einer Box links neben der eigenen Timeline User, denen sie folgen sollten.
Letztlich sollte man immer wieder neuen Usern folgen, sie ein paar Tage oder Wochen beobachten und dann entscheiden, ob man an ihnen dran bleibt oder nicht.
Ein Link-Tipp zum Schluss: Twitter gibt auf seiner Website Tipps, wie Journalisten Twitter nutzen sollten und nennt praktische Beispiele.
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