Anzeigen-Archive von Facebook und Twitter als Daten-Quelle
Um Werbung transparenter zu machen, haben Facebook und Twitter eigene Archive für (politische) Anzeigen geschaffen. Weil in drei Monaten die Europawahl ist, gibt es hier eine Sammlung der Tools, um zu (politischen) Anzeigen zu recherchieren. So wird es nachprüfbar, wie Parteien und Politiker bei Facebook und Twitter werben. Auch weil die Anzeigen-Archive der sozialen Netzwerke vor wichtigen Wahlen meist auf die betreffenden Länder ausgeweitet werden.
Seit 2018 machen Facebook und Twitter alle geschalteten Anzeigen sichtbar – auch wenn man selbst nicht zur Zielgruppe gehört, die erreicht werden soll. So wollen die sozialen Netzwerke mehr Transparenz schaffen, zumal für politische Anzeigen und zu Themen von nationaler Bedeutung zusätzliche Richtlinien gelten – etwa das sich die Werbekunden verifizieren müssen. Zuletzt hat Twitter angekündigt, dass die „Political Content Policy“ ab dem 11. März für die Europäische Union gelten wird und Facebook hat bereits Großbritannien in die Werbebibliothek aufgenommen.
So wird in den Anzeigen-Archiven demnächst auch Werbung aus Deutschland gespeichert, in denen Journalisten für die Wahlberichterstattung recherchieren können, um die Kampagnen von Parteien und Politikern zu beobachten und Trends im Wahlkampf zu identifizieren.
Anzeigen bei Facebook: Werbebibliothek und Werbung Tab
Jede Facebook-Seite hat einen Tab zu „Seiteninfos und Werbung“, dort sind alle aktiven Anzeigen sichtbar – egal, ob man selbst zur Zielgruppe zählt. So lässt sich nachvollziehen, mit welchen Inhalten zum Beispiel Parteien, Politiker und Institutionen werben.
||| Tipp ||| Für die Anzeigen ist immer der eigene Standort – bei mir Deutschland – voreinstellt, aber per Drop-Down-Menü kann man andere Länder auswählen, in denen Anzeigen veröffentlicht sind.
Zusätzlich gibt es bei Facebook eine Werbebibliothek für Anzeigen, die sich auf politische Themen und Themen von nationaler Bedeutung zum Beispiel Abtreibung oder Migration beziehen. Solche Werbung wird nun für sieben Jahre archiviert: Die Werbebibliothek ist öffentlich, ohne Facebook-Account durchsuchbar und gilt auch für Instagram. Es können Stichworte eingegeben und die Ergebnisse nach Land, Seite und Status der Anzeige gefiltert werden.
Für jede Anzeige in der Werbebibliothek sind die erzielte Reichweite, das ausgegebene Budget sowie die Zielgruppe nach Geschlecht und Standort eingetragen. Derzeit umfasst die Werbebibliothek Anzeigen aus den USA, Brasilien, Indien und Großbritannien – weitere Länder sollen folgen.
||| Tipp ||| Facebook bietet auch eine API-Schnittstelle zum Archiv, damit Journalisten und Wissenschaftler die Millionen von Anzeigen für die Berichterstattung und Forschung auswerten können.
Ergänzend veröffentlicht Facebook wöchentlich einen Bericht mit Statistiken zur Werbebibliothek, der im Internet und zum Download verfügbar ist. Derzeit können Journalisten zwischen USA und Großbritannien sowie einzelnen Kalenderwochen seit Mitte Oktober 2018 wählen. Der Bericht für Großbritannien bis 3. März nennt knapp 24.000 Anzeigen in der Werbebibliothek für die über 1,7 Millionen Pfund ausgegeben wurden –am meisten investiert „Britains Future“ mit rund 50.000 Pfund für 345 Anzeigen. Diese Zahlen im Excel-Format sind eine gute Grundlage für Datenjournalismus und Infografiken mit relevanten Zahlen.
Anzeigen bei Twitter: Ad Center und Data Archive
Auch Twitter hat ein öffentliches Ads Transparency Center (kurz ATC) gestartet, in dem sich alle aktiven oder gemeldeten und gesperrten Anzeigen der letzten sieben Tage für einen Twitter Account recherchieren lassen. Falls Accounts oder gesponserte Tweets gelöscht werden, ist die Werbung leider nicht im ATC gespeichert. Auch hier ist die Recherche möglich, ohne einen Twitter Account zu haben.
Sollten die Anzeigen von einem Werbekunden für politische Kampagnen stammen, liefert Twitter auch weitere Informationen: Über die gesponserten Tweerts von Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders ist zu erfahren, dass sie per Kreditkarte von Tim Tagaris bezahlt werden und aktuell rund 63.000 Dollar gekostet haben. Für jeden bezahlten Tweet sind auch Reichweite, Ausgaben und erreichte Zielgruppe verfügbar.
||| Tipp ||| Twitter hat eine Liste mit allen bestätigten Werbekunden für politische Kampagnen veröffentlicht – die noch nicht sehr lang ist.
Weiterhin bietet Twitter im Data Archive einige Sammlungen von Tweets, bei denen das soziale Netzwerk staatlich gesteuerte Kampagnen vermutet – aktuell aus Iran, Russland, Bangladesch und Venezuela. Diese Tweet-Sammlungen können sich Journalisten ebenfalls zur Daten-Analyse herunterladen.
Wichtige Links
||| Werbebibliothek von Facebook (und Instagram)
||| Bericht zur Werbebibliothek von Facebook (und Instagram)
||| Ads Transparency Center von Twitter
||| Data Archive von Twitter
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