„Fotojournalismus“ von Julian J. Rossig: Kein Wort über das iPhone
Gut 250 Seiten hat sich Foto-Journalist Julian J. Rossig Zeit genommen für das Thema „Foto-Journalismus“, das im UVK-Verlag für 24,99 Euro erschienen ist und im Frühjahr 2014 „völlig überarbeitet“ wurde. Schade, dass das Buch trotzdem altbacken wirkt und so zum Beispiel das Wort „Smartphone“ nur dreimal vorkommt.
Aber fangen wir mit den guten Seiten an: Rossig gibt in seinem Buch viele Tipps zum Thema gute Bild-Auswahl und Vorbereitung auf einen Foto-Termin. Neben Klassikern wie „Bringe von jedem Termin stets drei Fotos mit: Eine Übersichtsaufnahme, einen Hochformates und ein wirklich gutes Bild“ erläutert der Autor auch, welche Arten von Fotos es im Journalismus gibt und worauf es da ankommt. Die Tipps sind zeitlos. Auch dem Thema Urheberrecht widmet sich Rossig, allerdings leider nur auf knapp 30 Seiten.
Ärgerlich finde ich, dass man bei der Lektüre zu oft merkt, dass das Buch eigentlich von 2006 stammt und merklich nicht „völlig überarbeitet“ wurde. So wird Horst Köhler in einer Bildunterzeile als Bundespräsident vorgestellt – was er aber seit 2010 nicht mehr ist. Und an mehreren Stellen findet sich der Hinweis, dass man lieber gleich auf eine Digitalkamera setzen sollte statt mit analogen Filmen zu arbeiten. Analoge Filme dürften in 2015 im Foto-Journalismus bestenfalls eine kleine Nische sein. Hier hätte ich mir ein frisches Kapitel über die Frage gewünscht, wie man mit einem Smartphone fotografieren kann, welche Grenzen so ein Taschentelefon mit Kamera mit sich bringt und welche Apps zu empfehlen sind.
Ärgerlich auch, dass das Buch an vielen Stellen langatmig ist. Kostprobe: „Wenn der Fototermin vorbei und die Bilder »im Kasten« sind, beginnt die eigentliche Arbeit des Fotojournalisten erst: Die Fotos werden am Computer ausgelesen und sortiert, dann muss eine Vorauswahl für die Redaktion getroffen und im Anschluss noch nachbearbeitet werden. Außerdem sollten die Fotos sinnvoll verortet werden, damit Sie sie bei Bedarf leicht wiederfinden. Auf Seiten der Redaktion, oft aber auch direkt vom Fotografen selbst, wird eine endgültige Fotoauswahl getroffen, die Bildzeile geschrieben und mitunter gleich der Online-Upload gestartet.“
Alles in allem lohnt sich das Buch „Fotojournalismus“ von Julian J. Rossig aus meiner Sicht nur Foto-Journalisten, die ganz am Anfang stehen und lernen wollen, worauf es beim Fotografieren für eine Redaktion ankommt, welche Fehler sie vermeiden sollten und die eine technische Einführung in Themen wie Blende und Verschlusszeit brauchen. Da kann man zweifelsohne einiges lernen.
Wer sich aber für die Frage interessiert, wie sich der Foto-Journalismus in Zukunft entwickeln wird (Smartphone statt Spiegelreflex, schnelle Übertragung von Bildern statt Gang in die Redaktion) wird enttäuscht.
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